Der Kampf um Land in Zacate Grande

Ein Kampf für Gerechtigkeit und Entwicklung

Artikel von Karla, nationale Menschenrechtsbegleiterin für Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras.

Tegucigalpa, Honduras

Zacate Grande war eine inaktive Vulkaninsel im Golf von Fonseca im Süden von Honduras. In den 1970er Jahren wurde Zacate Grande durch eine Aufschüttung zu einer Halbinsel umgewandelt, um die Insel mit dem Festland zu verbinden. Als dieses Projekt, das der Region Entwicklung zu bringen schien, voranschritt, wurde es zu einer Bedrohung für die Bewohner:innen. Denn das Projekt weckte das Interesse honduranischer Politiker:innen und Geschäftsleute, die in der herrlichen Landschaft der Halbinsel eine Gelegenheit sahen, ihre Ferienhäuser zu bauen.

Von diesem Zeitpunkt an organisierten sich die Dorfbewohner:innen, um die Durchsetzung ihrer Rechte zu fordern. Um den Kontext und die Geschichte des Widerstandes in Zacate Grande besser zu verstehen, führten wir ein Interview mit Pedro Canales, einer Person mit viel Wissen über den Kampf der Menschen in dieser Region und Präsident der Organisation ADEPZA[1], die von PWS begleitet wird. Er erzählte uns folgendes: [2]

Motivation und Ursprünge des Kampfes

“Die Situation in Zacate Grande wurde mir bewusst, als ich 16 Jahre alt war und zu verstehen begann, was vor sich ging. Damals tauchte eine sogenannte Besitzerin der Halbinsel auf. Sie verkaufte Land, die Reichen kauften diese Landtitel und enteigneten und vertrieben die lokale Bevölkerung. Ein Beispiel: In einigen Gemeinden auf der Halbinsel wurde das Land so in Beschlag genommen, dass von den ansässigen Familien niemand mehr hier ist, weil ALLE vertrieben wurden. Dort, wo diese Familien gelebt haben, stehen jetzt die Villen der Reichen. Es stört uns nicht, dass die Reichen ihre Villen haben, überhaupt nicht, aber es stört uns, dass die Strände privatisiert werden, denn die Bewohner:innen der Dörfer leben von der Kleinfischerei und sind vom Zugang zum Strand abhängig. Das hat mich motiviert, für die Rechte dieser Menschen zu kämpfen. Aber unser Kampf sollte ein gemeinsamer Kampf sein. Es gab schon vorher Widerstand: Kleine Gruppen haben sich in den verschiedenen Dörfern zusammengeschlossen. In den 2000er Jahren haben wir uns auf der ganzen Halbinsel organisiert und ADEPZA war geboren”.

Schwierige Momente im Kampf

„Besonders schwierig zu ertragen war die Enteignung einiger Familien, die ursprünglich von der Halbinsel stammten. Die letzte Familie wurde 2003 brutal vertrieben. Das prägt einen als Person, wenn man sieht, dass diese Art von Ungerechtigkeit begangen wird, besonders gegen Menschen, die unsere Nachbarn waren”.

“Eine weitere schwierige Erfahrung war, als ich und andere Gefährten während neun Jahren alle fünfzehn Tage zur Unterschrift auf die benachbarte Insel ‚Isla del Tigre’ gehen mussten. Ein Richter hatte uns dies als Repressalie auferlegt, und bei jeder Verhandlung lautete das Urteil:,Ihr habt das Recht zu besitzen, aber die Besitzurkunde gehört einer Familie mit wirtschaftlicher Macht, also sind sie im Recht'”.

Don Pedro könnte uns von vielen weiteren Repressalien erzählen, die er und die Menschenrechtsverteidiger:innen von Zacate Grande tagtäglich erfahren. Doch der Zusammenhalt der Einwohner:innen ist stark und kann auch einiges bewirken: So wurden zum Beispiel im Jahr 2005 zehn Fischer und Bauern inhaftiert, die aber durch eine Mobilisierung von mehr als tausend Menschen und eine Strassenblockade befreit werden konnten. „Wir kämpfen für eine gerechte Sache, denn wenn sie uns unser Land wegnehmen, können wir nirgendwo hingehen. Wir haben ein Motto: Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden (‚el pueblo unido jamás será vencido’)”.

Aktuelle Situation auf der Halbinsel

Derzeit hat auf der Halbinsel der Prozess der Landregulierung begonnen. Dies ist ein erster Schritt, um das Land und die Besitzverhältnisse auf der Halbinsel zu legalisieren. Doch es gibt noch viel zu. Pedro Canales: Es ist ein ganz besonderer Moment. Auf diese Regulierung der Besitzverhältnisse warten wir seit vielen Jahren. Doch es kann nicht sein, dass von 5.400 Hektaren einer Person 3.000 Hektaren zugesprochen werden, dass eine Person die natürlichen Ressourcen privatisiert, die einst dem Volk gehörten und die Grundlage für ihren wirtschaftlichen Lebensunterhalt waren. Mit anderen Worten: 35 der 36 Strände hier sind in den Händen der reichen Familien”.

Don Pedro sieht die Wurzel des Problems im Fehlen einer funktionierenden Wirtschaft auf der Halbinsel, im Mangel an Möglichkeiten und an grundlegenden Dienstleistungen. So gibt es zwar Gesundheitszentren, diese versorgen jedoch nicht alle Einwohner:innen. Schulen gibt es, aber nur bis zur neunten Klasse, danach müssen die Jugendlichen, die ihre Ausbildung beenden wollen, nach San Lorenzo oder Amapala fahren. Das können sich nicht alle Familien leisten. Die Mehrheit der Einwohner:innen lebt von der Getreideproduktion, Kleintierhaltung und Kleinfischerei. Ein Grossteil der Jugendlichen zieht deshalb in die Grossstädte oder verlässt Honduras.

Der Kampf der Bevölkerung von Zacate Grande ist zweifellos beispielhaft für die Verteidigung des Territoriums und der öffentlichen Güter gegenüber kapitalistischen Interessen. Ihre Organisation, ihre Beharrlichkeit und ihre Überzeugung von der Gerechtigkeit ihrer Sache sind ein Beispiel für andere Gemeinden in ähnlichen Situationen. Wir von PWS werden den Fall Zacate Grande weiterhin begleiten, als Beobachter:innen an der Seite der Menschen, die diesen Kampf tragen.


Abbildung: Gemälde, das den Kampf von ADEPZA und Don Pedro auf Zacate Grande illustriert. Foto: PWS.

[1] ADEPZA: Asociación por el desarrollo de la península de Zacate Grande = Vereinigung für die Entwicklung der Halbinsel Zacate Grande.

[2] Alle Informationen in diesem Artikel beruhen auf einem Interview mit Pedro Canales.