Karawanen von Migrantinnen und Migranten in Honduras

Artikel von: Pedro Antonio Acosta Martínez, nationaler Menschenrechtsbegleiter von Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras. Übersetzung: PWS-Team Honduras

Tegucigalpa, Honduras

Migrant*innnekarawanen sind ein neueres Phänomen in Honduras. Es ist eine neue Form, sich fortzubewegen, bei der sich Grosse Gruppen von Migrant*innen mit jeweils eigenen Zielen finden sich, um gemeinsam nach Nordamerika zu ziehen, sei es nach Mexiko, in die USA oder nach Kanada.

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Reflektionen nach einem halben Jahr als PWS-Einsatzleistender

Artikel von Nicolas Schärmeli, Menschenrechtsbegleiter von PWS in Honduras.

Tegucigalpa, Honduras

Von etwas zu hören oder es wirklich zu erleben, ist nicht dasselbe. Ich denke, dies ist eine der tiefgründigsten Erfahrungen, die mir hier in Honduras widerfahren sind und einer der Gründe, warum ein Volontariat bei Peace Watch Switzerland (PWS) und die getätigte Arbeit mir viele Gedankengänge und Reflektionen eröffneten.

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Die Erlebnisse einer Fremden, die ihr eigenes Zuhause kennen lernt

Artikel von Mónica Gálvez, honduranische Menschenrechtsbegleiterin von PWS in Honduras. Aus dem Spanischen übersetzt vom PWS-Team Honduras.

Tegucigalpa, Honduras

Fern des eigenen Zuhauses und zur gleichen Zeit darin zu leben – das ist möglich. Ich habe mich verschiedene Male selbst neu erfunden, die Geschichten, die man mir an der Universität beigebrachte, in Frage gestellt, indem ich auf das hörte, was die Straße erzählte, habe mich in den Feminismus vertieft, um zu sehen, was unsichtbar war, und habe Bücher gelesen, die davon erzählen, was die Schatten des Kolonialismus meinem Land auferlegten.

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Unschuldig im Gefängnis

Artikel von Valeria Küttel, Menschenrechtsbegleiterin von Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras

Tegucigalpa, Honduras

Choluteca, 4.12.2022. Mir gegenüber sitzt ein junger Mann, 25 Jahre alt mit Baseballcap und Hawaiihemd. Er ist froh, kann er heute hier sein, denn bis vor kurzem sass er noch im Gefängnis, angeklagt eines Verbrechens, welches er nicht begangen hat. Im Ungewissen darüber, wie es weiter geht. Schliesslich vergingen zwei Jahre und zwei Monate bis er aus der U-Haft entlassen wird und der ordentliche Prozess beginnt. Ich möchte hier seine Geschichte erzählen.

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Danke

Artikel von Julien Christe, internationaler Menschenrechtsbegleiter von Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras.

Tegucigalpa, Honduras

Nun, da sich meine Arbeit mit Peace Watch Switzerland in Honduras dem Ende zuneigt und das Programm bald sein 5-jähriges Bestehen feiert, dachte ich, es wäre interessant, eine Bilanz des Erreichten zu ziehen. In diesen fünf Jahren konnten wir unsere Organisation stärken und haben Hunderte von Begleitungen durchgeführt. In dieser Zeit haben wir viele juristische Prozesse, Demonstrationen, Veranstaltungen und Räumungen begleitet. Manchmal war es sowohl physisch als auch psychisch schwierig. Es ist hart  mitzuerleben, wie Menschen ihr Zuhause verlieren, zu Unrecht angeklagt werden und Gefahr laufen, für Verbrechen, die sie nicht begangen haben, jahrelang im Gefängnis zu sitzen; wie sie bei Protesten mit Tränengas oder Schüssen niedergeschlagen werden, weil sie einfach nur ihre Rechte wahrnehmen; wenn sie wegen der Drohungen, denen sie ausgesetzt sind, in ständiger Alarmbereitschaft leben müssen. Das alles erzeugt in uns ein Gefühl der Ohnmacht und Wut.

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Der Widerstand der Organisation ADEPZA im südlichen Honduras

Artikel von Christophe Egger, internationaler Menschenrechtsbegleiter von Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras. Übersetzung: PWS-Team Hondruas.

Tegucigalpa, Honduras

Zacate Grande liegt im Süden von Honduras, ist eine etwa 7 km lange und 10 km breite Halbinsel am Golf von Fonseca und wird von sieben kleineren Inseln umgeben. Die bekannteste davon ist die Isla del Tigre. Wegen seiner schönen Strände und des guten Klimas ist es ein sehr beliebtes Urlaubsziel in Honduras – auch in den Augen der mächtigsten Familien in Honduras. Der größte Konflikt in Zacate Grande ist der Landbesitz. Im Laufe der Zeit kam es immer wieder zu Konflikten zwischen den Dorfbewohner*innen und den Landbesitzenden. Aus diesem Grund wurde vor rund 20 Jahren die Vereinigung “Dirección General de Recuperación y Titulación de Tierras y Liberación de Playas” gegründet, die 2008 in ADEPZA, die Asociación para el Desarrollo de la Península de Zacate Grande (Vereinigung für die Entwicklung der Halbinsel Zacate Grande) umbenannt wurde.

Laut Pedro Canales, einem der Gründer von ADEPZA, begann alles mit der Kriminalisierung von mehreren Führungspersonen in Zacate Grande. Die Krimilisierung ist der Modus Operandi der einflussreichen Personen im Lande, die von den lokalen und nationalen Behörden unterstützt werden. Bei einer Tour mit ADEPZA konnten wir mehrere Orte besuchen, die vom Konflikt in der Region betroffen sind. In der Gemeinde Playa Blanca z.B. wird die Wasserversorgung der Gemeinde nicht mehr besorgt, sondern sie wurde an einen Grossgrundbesitzer übergeben, der auch die örtliche Schule und die Lehrpersonen bezahlt. So wird Macht demonstriert und werden Abhängigkeiten geschaffen. Gleichzeitig privatisierte dieselbe Familie einige Kilometer entfernt eine ganze Insel und ihren wunderschönen Strand, der noch vor wenigen Jahren ein öffentlicher Strand war und von der ansässigen Bevölkerung genutzt wurde.

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Die Wahl des neuen Obersten Gerichtshofs und wie sie die Zukunft juristischer Verfahren beeinflussen kann

Artikel von Nicolas Schärmeli, internationaler Menschenrechtsbegleiter von PWS in Honduras.

Tegucigalpa, Honduras

Als Xiomara Castro der Partei Libre im Bündnis mit der Partei Salvador de Honduras die Präsidentschaft gewann und im Januar 2022 zu regieren begann, bestand eine grosse Hoffnung auf substanziellen Wandel im Land. Als ich im Juli dieses Jahres hier ankam, konnte ich das noch sehr gut beobachten. Für einen systematischen Wandel reicht es jedoch nicht aus, nur die Regierung und die Exekutive zu ersetzen. Dies zeigte sich in diesem Jahr immer deutlicher. Die seit Jahrzehnten bestehenden Strukturen der Polizei, Armee und Justiz sowie ein großer Teil der Legislative, bestehen nach wie vor und werden von denselben Personen weitergeleitet. In diesem Artikel möchte ich über den Obersten Gerichtshof (CSJ) von Honduras sprechen und wie dessen Entscheidungen sich auf die Menschen auswirken, die wir bei unserer Arbeit begleiten.

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“Unser Kampf ist gerecht!”

Artikel von Christophe Egger, internationaler Menschenrechtsbegleiter von Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras.

Tegucigalpa, Honduras

Ein Interview mit Abel Pérez, Präsident der Vereinigung für die Entwicklung der Halbinsel Zacate Grande (ADEPZA) und ehrenamtlicher Mitarbeiter des Gemeinschaftsradios «La Voz de Zacate Grande», über die aktuellen Herausforderungen der ADEPZA.

ADEPZA ist eine Organisation, die sich für die Verteidigung des Territoriums und des Gemeinwesens auf der Halbinsel Zacate Grande im Süden von Honduras einsetzt. Sie verfügen auch über einen gemeinschaftlichen Radiosender “La Voz de Zacate Grande”, der zu einem der wichtigsten Instrumente im Kampf um die Verteidigung des Gebiets geworden ist.

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„Auf dem neusten Stand der Menschenrechte“

Artikel von Valeria Küttel, Menschenrechtsbegleiterin von Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras.

Tegucigalpa, Honduras, im November 2022

Perla, Pamela und Jorge treffen sich auf einem öffentlichen Platz. Sie sind Teil einer Gruppe, die in ihrer Gemeinde die Achtung der Menschenrechte fördert. Die drei Freund*innen sind am Plaudern, als plötzlich die Polizei auftaucht, sich der Gruppe nähert und Ihnen sagt, dass sie hier nicht sein dürfen. Die Beschuldigten wollen den Grund für den Platzverweis wissen und verweisen dabei auf ihr Recht, zusammenzukommen. Obwohl sie dabei sachlich und friedlich bleiben, beginnen die Polizisten zuzuschlagen, nehmen die Drei gewaltsam fest und bringen sie zur Polizeistation in Gewahrsam.

Diese Szene könnte sich heute oder morgen in einer Gemeinde in Honduras abspielen. So unwahrscheinlich ist das nicht, dass Menschenrechtsverteidiger*innen grundlos festgenommen, kriminalisiert oder im schlimmsten Fall sogar getötet werden. Zum Glück handelt es sich bei dieser Szene nur um einen Ausschnitt aus dem Radioprogramm mit dem Namen „Derechos Humanos al Día“, was übersetzt so viel heisst wie „Auf dem neusten Stand der Menschenrechte“.

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„Auf einer Polizeistation bringt sich niemand um!“

Artikel von Mireia Izquierdo Prado, Koordinatorin des ACO-H-Begleitprogramms von PWS. Tegucigalpa, Honduras

Eine junge Frau aus La Esperanza wird auf einer Polizeistation ermordet, nachdem sie im Februar 2021 verhaftet worden war. Verhaftet wurde sie, weil sie angeblich gegen die von der Regierung verhängte Ausgangssperre „zur Verhinderung der Ausbreitung von Covid-19“ verstoßen hat.

So lautet der Text eine Liedes von Sara Hebe, einer meiner liebsten feministischen Sängerinnen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich als Menschenrechtsbegleiterin einen Fall wie diesen begleiten würde, bei dem die Polizei ein Mädchen in Esperanza verhaftet, sie dann tot in der Zelle aufgefunden wird und von der Polizei behauptet wird, sie hätte Selbstmord begangen. Unweigerlich hallte es in meinem Kopf wider: „Auf einer Polizeistation bringt sich niemand um!“ nein, Keyla hat keinen Selbstmord begangen, die Polizei hat sie getötet. Und sie töten uns; sie töten uns, weil wir Frauen sind.

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