Die dunkle Seite der Palmölproduktion: Die Kosten einer unkontrollierten Industrie

Artikel von Akira Lozano, nationale Menschenrechtsbegleiterin von Peace Watch Switzerland (PWS) in Honduras.

Tegucigalpa, Francisco Morazan, Honduras

Die afrikanische Palmölindustrie zählt zu den grössten und profitabelsten der Welt. Durch ihre rasche Expansion in Zentralamerika ist Honduras zu einem der wichtigsten Exporteure dieses Agrarprodukts geworden. Das Wachstum geht jedoch mit erheblichen ökologischen und sozialen Kosten einher. Fehlende Regulierungen haben in verschiedenen Regionen zu umweltschädlichen Praktiken wie der massiven Abholzung von Tropenwäldern geführt, die die biologische Vielfalt ernsthaft bedrohen und sogar zum Aussterben bedrohter Arten geführt haben.

In Honduras sind Palmölplantagen mittlerweile in Schutzgebiete und Nationalparks vorgedrungen und haben die Böden unfruchtbar gemacht. Duch die Plantagen werden die Böden stark geschwächt und ausgelaugt, so dass es mindestens 25 Jahre dauert, bis die Flächen wieder fruchtbar werden, egal wie viel Dünger ausgebracht wird. Zudem begünstigen Monokulten die Ausbreitung von Seuchen und Schädlingen sowie das vermehrte Auftreten von Insekten, die den Plantagearbeitern und den umliegenden Gemeinden schaden. Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft und Viehzucht (Secretaría de Agricultura y Ganadería, SAG), sind entlang der Atlantikküste in den Departementen Cortés, Yoro, Atlántida und Colón rund 190‘000 Hektar mit afrikanischen Ölpalmen bepflanzt. Diese nehmen riesige fruchtbare Flächen ein, darunter auch Naturschutzgebiete. Die Plantagen haben zur Abholzung und zum Abbrennen von Wäldern und Feuchtgebieten geführt, was nicht nur zu riesigen Umweltschäden führt, sondern auch die Wasserressourcen bedroht. Darüber hinaus werden Brandstiftungen in Schutzgebieten als Vorwand genutzt, um Monokulturen auszuweiten, was die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem und die lokale Bevölkerung noch verstärkt. Die Palmölplantagen dehnen sich aufgrund ihrer Vielseitigkeit und ihres breiten Nutzungsspektrums rasch aus. Schätzungen zufolge wird sich die Produktion innerhalb von drei Jahren verdreifachen, was zu irreversiblen Umweltschäden führen wird. Unter diesem Link ist ersichtlich, wie die Ölpalme Wasserressourcen und Schutzgebiete in Honduras verdrängt.

Mehrere Palmölproduzenten in Honduras werden wegen ihrer schwerwiegenden ökologischen und sozialen Auswirkungen angeprangert.  Zu den bekanntesten Problemen gehören die Verschmutzung von Wasserquellen durch den intensiven Einsatz von Agrochemikalien und, wie bereits erwähnt, die massive Abholzung, die Ökosysteme zerstört und das Land indigener sowie bäuerlicher Gemeinschaften beeinträchtigt. Darüber hinaus ist die lokale Bevölkerung durch die Verschmutzung von Wasser, Luft und Boden durch die Ölförderanlagen ernsthaften Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Dies verschärft die Umwelt- und Gesundheitsprobleme in den umliegenden Gemeinden.

Zum Beispiel in der Cooperativa El Tranvío und El Chile sind die Auswirkungen gravierend. Zum einen ist die Luftverschmutzung ein grosses Problem. Die Förderanlagen stossen dichten, schwarzen Rauch aus, der Atemwegserkrankungen wie Asthma und Bronchitis verursacht und die Gesundheit der Bevölkerung stark beeinträchtigt. Zum anderen ist die Wasserqualität stark beeinträchtigt, da flüssige, chemikalienhaltige Abfälle aus den Extraktionsanlagen in unverantwortlicher Weise direkt in nahe gelegene Wasserquellen eingeleitet werden, wodurch sowohl Oberflächen- als auch Grundwasser verunreinigt werden. Dies hat bei der Bevölkerung, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, zu Magen-Darm-Erkrankungen und anderen schwerwiegenden Gesundheitsproblemen, wie z.B. Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit, geführt. Das verseuchte Wasser verseucht auch die Anbauflächen und gefährdet die Ernten, die für den Lebensunterhalt der Menschen notwendig sind, da der Verdienst der Palmölarbeiter:innen nicht ausreicht, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Dies zeigt, wie schwerwiegend die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die Ernährungssicherheit der Gemeinschaften sind. Unter diesem Link wird die Problematik der Gemeinde El Tranvío genauer thematisiert.

Zusätzlich sind diese Unternehmen in soziale Konflikte, Landenteignungen und Gewalt gegen Aktivisten verwickelt, besonders in Bajo Aguán. Die betroffenen Gemeinden fordern Gerechtigkeit. Doch trotz zahlreicher nationaler und internationaler Beschwerden bleiben wirksame Massnahmen der Behörden aus und negative Folgen für Umwelt und Gemeinden bleiben gravierend.  

PWS begleitet die betroffenen Gemeinschaften in der Region Bajo Agúan. Es ist bedauerlich, die systematischen Menschenrechtsverletzungen zu beobachten: Sie leben mit der ständigen Drohung der Landenteignung, viele Bäuerinnen und Bauern sind aufgrund mangelnder Möglichkeiten gezwungen, auf Palmölplantagen zu arbeiten, von denen sich viele auf ihrem eigenen Land befinden. Bäuerinnen und Bauern werden kriminalisiert, während Unternehmen ihr Land besetzen. Sie sind Bedrohungen, Verfolgung und miserabler Bezahlung ausgesetzt. In diesem blutigen Wirtschaftszweig sind bereits zahlreiche Bäuerinnen und Bauern durch Geschäftsleute und Investoren ermordet worden. Hinzu kommt die schwerwiegende Verseuchung ihrer Böden und die Gefährdung ihrer Gesundheit.

PWS erlebt mit, wie diese Bäuerinnen und Bauern diese Verstösse mutig anprangern, aber leider bleiben spürbare Fortschritte bisher aus. Als freiwillige Menschenrechtsbeobachterin fühle ich mich angesichts der gravierenden Ungerechtigkeiten zutiefst machtlos und bin besonders frustriert über die Straffreiheit, die in vielen Fällen weiterhin herrscht.


Foto: Frucht der Afrikanischen Ölpalme. Die Frucht ist reich an Öl und wird zur Produktion von Palmöl genutzt. Quelle: https://www.shutterstock.com/