Gestern habe ich an einem Forum über die Justiz im Übergang und die Straflosigkeit in Mittelamerika teilgenommen. Zwei Informationssplitter möchte ich mit Euch teilen: „Die letzten zwanzig Jahre war Guatemala immer das Schlusslicht im Umzug der mittelamerikanischen Staaten hin zu einer demokratischen Gesellschaft, und seit ein paar Monaten schauen wir verwundert nach Guatemala: Die erstarkende Zivilgesellschaft ist uns ein Vorbild geworden – was ihr hier bewegt habt, macht uns Mut!“ sagte ein mexikanischer Teilnehmer.
Und der andere Splitter: Carlos Beristain hat als Psychologe in fast allen lateinamerikanischen Ländern bei der der Aufklärung von Massakern und des gewaltsamen Verschwindenlassens mitgewirkt. Er erzählte von einem Workshop in El Salvador 2001, wenige Wochen nach dem Erdbeben. Der Workshop hat sich mit Prävention von Erdbebenschäden befasst. Unter anderem haben die Teilnehmer eine Liste mit Hindernissen, die einer verbesserten Prävention entgegenstehen, zusammengestellt. An oberster Stelle stand „Angst“. Beristain dachte zuerst an die Angst vor einem nächsten Beben. Aber nein, die TeilnehmerInnen hatten Angst davor, sich zu organisieren! Allzu lange war jede Form der Selbstorganisation von BürgerInnen im Verdacht gestanden, den Guerillas oder den Kommunisten nahezustehen, und war deshalb vom Geheimdienst oder den Paramilitärs verfolgt worden. Diese Gefahr ist zwar noch nicht verschwunden. Immer noch werden jeden Monat mehrere Fälle bekannt, wo MenschenrechtsverteidigerInnen umgebracht werden. Aber seit einigen Monaten haben die Guatemalteken ihre Angst überwunden, sich zu organisieren und für ihre Anliegen auf die Strasse zu gehen.
Als EmpfängerInnen dieses Newsletters wisst ihr, dass zu unserer Tätigkeit auch die Berichterstattung in unseren Heimatländern gehört. Dieser Newsletter und der Blog waren Mittel dazu. Ein weiteres Mittel nach meiner Rückkehr sind Veranstaltungen. Ich frage Euch deshalb an, ob Ihr Vereine, Kirchgemeinden, Gewerkschafts- oder Parteisektionen kennt, die daran interessiert wären, an einer Veranstaltung mit einer Berichterstattung über diesen Einsatz einzubauen. Dabei sind verschiedene Formen denkbar: von einem kurzen Bericht (15 min) bis zu einer abendfüllenden Veranstaltung mit Diskussion. Auch der thematische Schwerpunkt kann dem Interesse der Teilnehmenden angepasst werden:
- der Genozid-Prozess gegen General Erfraím Rios Montt
- die 45’000 gewaltsam Verschwundenen
- der Wiederaufbau nach der Rückkehr aus dem Exil
- die heutige Gewalt gegen MenschenrechtsverteidigerInnen ….
- und der Zusammenhang zur Konzernverantwortungsinitiative
- der Widerstand gegen Megaprojekte (Minen, Staudämme, Monokulturen)
- die Tätigkeit der freiwilligen Menschenrechtsbegleiter
- Menschenrechtsbegleitung als gesellschaftliches Engagement nach der Pensionierung
- etc.
In meinem Blog www.tonatiuh.eu sind einige dieser Themen ausführlicher behandelt.
Ich freue mich, wenn einige von Euch mir diese Gelegenheiten zur mündlichen Informationen vermitteln können. Per Mail: trak.aeschi@bluewin.ch oder über die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag.
1. Oktober 2015, Peter Keimer (auf seinem privaten Blog, s. oben)