Die Zusammenarbeit und Koordination mit anderen Akteuren sowie die Vernetzung sind ein wichtiges Instrument in der Werkzeugkiste von Organisationen, die sich für die Wirkung zivilgesellschaftlicher Aktion einsetzen. In konfliktbetroffenen Kontexten hat die koordinierte, vernetzte Aktivität gar eine Doppelfunktion: Gemeinsames Auftreten verstärkt nicht nur die Wirkung und Verbreitung des zivilgesellschaftlichen Engagements; sie erhöht auch den Schutz von Menschen und Gemeinden, die unter erheblichen Sicherheitsrisiken ihre Rechte geltend machen, ihren Lebensraum und Lebens-grundlagen verteidigen, die Gemeinschaftsgüter und Natur schützen.
Honduras hat eine lange Geschichte der Zusammenarbeit – aber auch des Auseinanderdriftens. Es scheint alles andere als einfach zu sein, unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen in eine gemeinsame, kohärente Aktion zu überführen. Oft hängt es vom Willen einzelner Schlüsselpersonen ab – von denen jede einzelne einen starken Willen, ein enormes Engagement und eine gehörige Portion Enthusiasmus aufweist, sowie prägende Erfahrungen mitbringt – ob sich unterschiedliche Organisationen für ein gemeinsames Ziel zusammenraufen können. Die zahlreichen Misserfolge in der Vergangenheit zeugen von dieser Schwierigkeit. Doch die einzelnen Erfolge, die bisher zu verzeichenen waren, zeigen klar, dass die Anstrengungen zur Koordination Früchte trägt.
In den ersten Jahren der Menschenrechtsarbeit in Honduras – zwischen 2011 und 2015 – hat PWS unter dem Dach des Projekts PROAH auch in den Kooperation erste Erfahrungen gesammelt. Es gab ein Abkommen mit Peace Brigades International (PBI), um die Arbeit beider Organisationen möglichst gut abzustimmen. Leider konnte das Projekt PROAH nicht weitergeführt werden. Ab 2016 hat PWS in eigener Regie ein neues Projekt aufgebaut und am 17. Juli 2017 die formajuristische Anerkennung als international tätige NGO in Honduras erlangt – keine Selbstverständlichkeit für eine Organisation, die sich der Menschenrechtssituation in bäuerlichen Gemeinschaften in Honduras widmet. In der Folge wurde PWS Mitglied der Internationalen Kooperationsgemeinschaft (ACI) in Honduras, einer Plattform von internationalen NGOs in Honduras. Dort ist PWS aktives Mitglied der Gruppe von Organisationen, die spezifische Menschenrechtsarbeit leisten. Hier finden Absprachen, Informations-austausch und gemeinsame Aktionen zur Stärkung der Menschenrechte statt.
PWS ist auch Teil der Schweizer Plattform zur Menschenrechtssituation in Honduras, die von der DEZA in Honduras koordiniert wird. Dort kann PWS einbringen, was in den begleiteten Gemeinschaften aktuell passiert; unter den beteiligten Organisationen werden weiterführende Aktivitäten geplant, Einschätzungen vorgenommen und Entwicklungen beurteilt. PWS ist auch Teil des Netzwerks für Menschenrechtsbegleitung in Lateinamerika, mit Organisationen, die in Mexiko, Guatemala, Kolumbien und Honduras tätig sind. Dort vergleichen und besprechen wir unsere Arbeitsansätze und Methoden, unser Vorgehen in konkreten Fällen, unsere Erfolge und Lehren, die wir gezogen haben. Ein zentrales, gemeinsames Thema betrifft die Informationsarbeit – also die Art und Weise, wie wir über die Fälle, die wir begleiten, berichten.
In Honduras selber befinden wir uns in engem Kontakt mit PBI und Witnesses For Peace (WFP), zwei Organisationen, die wie PWS auch mit freiwilligen Menschenrechtsbegleiter*innen arbeiten. Bei manchen Anlässen, die besonders im Fokus stehen, viel Aufmerksamkeit erregen oder erhebliche Risiken für die Beteiligten oder die Beobachtenden mit sich bringen, treten wir auch zu gemeinsamen Begleitungen auf, um eine starke internationale Präsenz sichtbar zu machen. Dies halten wir für eine sehr wirksame Modalität, um Stigmatisierung, Kriminalisierung und Bedrohung für Menschenrechtsverteidiger*innen zu reduzieren und ihren Handlungsspielraum zu sichern.
Mit PBI in Honduras hat PWS ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet. Darin ist festgelegt, wie wir unsere Zusammenarbeit gestalten wollen und was wir gemeinsam tun können. Das ist mehr als ein Zeichen der Freundschaft, denn gemeinsam sind wir in jedem Fall stärker. Wir ergänzen uns gegenseitig mit Informationen, die wie zusammentragen, interpretieren und systematisieren. An der Öffentlichkeit, gegenüber nationalen Behörden und internationalen Akteuren finden wir mehr und besser Gehör. Der Schutz und die menschliche Sicherheit, die wir den begleiteten Gemeinden und Menschenrechtsverteidiger*innen vermitteln können, sind grösser, wenn unsere phyische Präsenz aus einem Netzwerk heraus erfolgt. Diese Sicherheit brauchen die Begleiteten, um ihre legalen und legitimen Forderungen gefahrlos stellen zu können - und wir als Organisation brauchen den gemeinsamen Auftritt für unseren eigenen Rückhalt. Gemeinsam haben wir in Zukunft mehr Erfolge. Hoffen wir es!
Tegucigapla, Ende Februar 2021, Guido Eguigure, PWS-Vertreter in Honduras und Projektleiter ACO-H
Titelbild: ©Mireia Izquierdo, PWS, 2021: Koordinierte Begleitung zwischen PWS und PBI vor dem Obersten Gerichtshof in Tegucigalpa.