Landesweiter Marsch im Zeichen des Wassers

In der Woche vom 22. April 2016 fanden landesweit Märsche und Aktionen im Namen des Wassers statt, die sich am Freitag, 22. April, zum Tag der Mutter Erde in Guatemala Stadt trafen und eine Revision des Gesetzes  über das Abzweigen von Wasserläufen forderten. Viele der Organisationen oder Einzelpersonen, die wir (ACOGUATE) begleiten, beteiligten sich daran. Da unsere Begleitung jedoch nicht gefordert wurde, konnten wir leider nicht teilnehmen.

Ich hatte jedoch die Ehre, den unabhängigen Journalisten Timothy Boston kennen zu lernen, der die Bevölkerung im Aufmarsch begleitete und seine Erfahung in nachfolgendem Artikel und Fotoaufnahmen kundgibt.

Am 22. April – am internationalen Tag der Mutter Erde – kamen die DemonstrantInnen in der Hauptstadt an, nach elf Tagen und zweihundertundvierzig zu Fuss zurückgelegten Kilometern. Über fünfzehntausend Personen nahmen an der Demonstration teil.

Die überwiegend einheimischen DemonstrantInnen machten auf die extreme Wasserzugriffsungleichheit des Landes aufmerksam. Diese Ungleichheit sei auf Jahrzehnte von Korruption und Kollusion zwischen der guatemaltekischen Regierung und der Agrarindustrie, Bergbau- und Wasserkraftkonzerne zurückzuführen.

Hauptsorge der DemonstrantInnen war die Umleitung der Flüsse, um die Bewässerung von riesigen Plantagen mit Monokulturen für den Export von Bananen, Rohrzucker und Palmöl zu garantieren. An der südwestlichen Küste des Landes haben zum Beispiel Umleitungen der Flüsse Madre Vieja und Coyolate zehntausende Personen ohne Zugriff auf sauberes Wasser gelassen. Die DemonstrantInnen forderten die Zurücklegung der Flüsse, die Freilassung von einheimischen Gemeinschaftsanführern, die für ihre Opposition gegen große Wasserkraft- und Bergbauprojekte kriminalisiert und in Untersuchungshaft gesetzt worden waren, sowie die Schaffung eines überregionalen Wassergesetzes, um die Wasserverteilung des Landes besser zu regulieren.

Die Wasserzugriffsungleichheit in Guatemala wurde in den letzten zwei Jahren wegen des Klimaphänomens „El Niño“ ­- wahrscheinlich das extremste in der Geschichte der Wetterbeobachtung – noch gravierender. Aber für Victor López Illescas, Direktor der nationalen indigenen Befürwortungsorganisation „Utz Che“, verschärfe der Klimawandel nur ein schon lange existierendes Problem: die Straflosigkeit der Elite, die auf Kosten von indigenen Gemeinschaften und natürlichen Ökosystemen von attraktiven Industrieprojekten profitieren.

Der Marsch und die Demonstration für das Wasser wurden von der Sozialen Volksversammlung (Asamblea Social y Popular, ASP) organisiert. Die ASP organisierte im vorigen Jahr die erfolgreiche ‚Renuncia Ya!’-Kampagne, die in Rücktritt und Festnahme des damaligen Präsidenten Guatemalas, Otto Pérez Molina, resultierte. Seit 2015 hat sich die ASP auch für eine Wahlreform, für die Schuldigsprechung der Täter des Völkermords Guatemalas und für die rechtliche Anerkennung von indigenen Formen der Landbewirtschaftung eingesetzt.

Carolina von Alta Verapaz, Sprecherin für das Landarbeiterkomitee „Comité de Unidad Campesina“ (CUC), die auch die Demonstration mitorganisierte, beteuert, dass der Kampf um Wasser und Land mit allen anderen Widerständen der indigenen Völker Guatemalas verbunden ist und dieselbe Form annimmt. „Dieselben Leute, die unser Land nahmen und unsere Kultur zu zerstören versuchten, berauben uns jetzt unseres Wassers für ihren Profit. Wenn wir sie nicht für Verbrechen gegen unsere Kultur und unser Volk überfuhren können, werden wir sie niemals aufhalten, unser Wasser zu entwenden.’

Timothy Boston, redigiert von Laura Kleiner, Guatemala-Stadt, 29.04.2016

Die erhoffte Reaktion seitens der Regierung blieb aus. Am 2. Mai 2016 konnte eine Delegation der Organisation zwar ihre Lage und ihre Forderungen darlegen, eine Revision des Gesetzes über die Abzweigung natürlicher Wasserlaeufe wurde jedoch abgelehnt.

Das Volk und die Organisationen, die sich für ihre Umwelt und ihre Existenzbasis einsetzen, geben jedoch nicht auf und organisierten am 10. Mai 2016 Strassenblockaden, um ihre dringliche Lage zu manifestieren und eine Aktion des Staates zu fordern. Dies aus folgender Motivation heraus: “Wenn die Strassen blockiert werden, stört es Tausende und der Staat reagiert, hingegen wenn die existenzgarantierdenden Flüsse durch Grossunternehmen blockiert werden und so ganze Dörfer lahmlegen, schaut man weg.”

Laura Kleiner, Guatemala-Stadt, 13.05.2016

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